Berlin Alexanderplatz

R.W. Fassbinders meisterhaftes TV-Spektakel

Es war der Jugendtraum von Rainer Werner Fassbinder: Alfred Döblins Jahrhundertroman "Berlin Alexanderplatz" (1929) in eine filmische Form zu fassen. 1980 bot sich die Gelegenheit: Die ARD beauftragte ihn mit einer TV-Verfilmung in 13 Teilen und einem Epilog. Das Drehbuch der Geschichte des Franz Biberkopf (ikonografisch: Günter Lamprecht) umfasste 3.000 Seiten, die Fassbinder und sein Team in nur 150 wahnwitzigen Drehtagen abdrehten. Dabei nutzten sie die Kulissen von Ingmar Bergmans "Das Schlangenei", der kurz zuvor in den Bavaria-Studios in München fertiggestellt wurde. So konnte das Budget mit 13 Millionen D-Mark für eine derartige Großproduktion vergleichsweise gering gehalten und die Dreharbeiten in einem mörderischen Tempo abgewickelt werden. Am 12. Oktober 1980 wurde die erste Folge ausgestrahlt. Viele Zeitgenossen sahen ein weiteres Meisterwerk Fassbinders, der seine bekanntermaßen kunstvolle Lichtregie noch einmal auf ein neues Niveau gehoben habe. Doch es gab auch einen Chor negativer Stimmen, die zu viel Sex- und Gewaltszenen sahen, und insgesamt die Dunkelheit der Bilder monierte. Diese Stimmen wurden von den Boulevardblättern insbesondere des Springer-Konzerns verstärkt, die Fassbinder als morbide und dekadent geißelten. Die Kampagne gegen die Serie zeigte Wirkung und die Quoten brachen ein. Fassbinders Serie galt lange als Flop und wurde nach 1984 über 20 Jahre lang nicht mehr ausgestrahlt. Heute gilt Fassbinders "Berlin Alexanderplatz" als Meisterwerk und eine seiner wichtigsten Arbeiten und ist ein großes Dokument dessen, was im deutschen Fernsehen einst möglich war.